Cirque Gourmet - Genießerhotels Nr. 21

14 Cirque Gourmet 2020 15 Cirque Gourmet 2020 C U I S I N E A L P I N E ie Alpen. Sie sind das höchste und größte Gebirge Europas. In einem weitläufigen 1.200 Kilometer langen Bogen erstrecken sich die Gipfelwelten 750 Kilometer von Ost nach West und etwa 400 Kilometer von Nord nach Süd. Dabei hinterlassen sie in acht Ländern ihre Spuren. Von der lebhaften Côte d’Azur bis zum fruchtbaren Wiener Becken prägen sie Monaco, Frankreich, die Schweiz, Süddeutschland, Österreich, Liechtenstein, Slowenien und Norditalien. D Sie sind ca. 135 Millionen Jahre alt – was in Gesteinsformationen gerechnet noch relativ jung ist. Sie punkten jedoch in Sachen Höhe, denn 128 ihrer markan- ten Gipfel reihen sich in die sagenhafte Liga der Viertausender ein. Ihre vielen Täler lassen sich hingegen kaum zählen. Jedoch die Menschen, die die Alpen als ihre Heimat betrachten: Es sind sage und schreibe 13 Millionen. Soweit die Fakten. Wer aber meint, dass die Alpen einzig ein beeindruckendes und weitreichendes Naturspektakel sind, der irrt. Sie sind auch die Wiege kulinarischer Raffinesse, die einen ebenso facettenreichen Bogen spannt: bodenständig wie edel, reduziert wie opulent. Mehr und mehr namhafte Köche in den Alpen besinnen sich auf die köstliche Kraft der Nähe, die Pro- dukte der Region und den saisonalen Geschmack ihrer Heimat. Die Cuisine Alpine ist für Andreas Döllerer eine unendliche kulinarische Spielwiese. Langeweile? Die kommt bei ihm nicht auf. »Wir lernen selbst nach über 10 Jahren, die wir diese Philosophie nun voller Leidenschaft leben, noch immer von Saison zu Sai- son dazu und auch neue Produzenten kennen, die enge Partner werden.« Weitgereiste Luxusprodukte interessieren den Kärntner 4-Hauben- Koch Hannes Müller (li.) und seinen Co-Koch Martin Nuart in ihrer klar definierten und absolut regions­ bezogenen Berg.See.Küche nicht: »Im Einfachen liegt nicht nur der große Geschmack und das Echte, sondern auch die hohe Kunst des Kochens.« Alexander Koblinger, Master Sommelier: »Die Weinwelt ist heute so spannend wie seit langem nicht mehr. Junge, kleine Winzer, die die Identität ihrer Region verstehen und in die Flasche bringen, sorgen für Spannung und Abwechslung. Der Trend zum Naturwein stärkt den Her- kunftsgedanken zusätzlich. Gerade der Alpenraum punktet da enorm!« Fotos: Lukas Kirchgasser (1), Joerg Lehmann (1), Mike Vogl (1) »Die Cuisine Alpine gehört mir nicht alleine. Nur wenn wir geschlossen das Potenzial der Alpen auf die Teller bündeln, können wir dieser Küche eine Stimme verleihen.« ANDREAS DÖLLERER, TENNENGAU/SALZBURGER LAND »Wer seine regionale Eigenständigkeit zu 100 Prozent mit Überzeugung lebt, ist nicht austauschbar. Ich will mein Profil schärfen und am liebsten autark sein – durch unsere eigene Landwirtschaft und mithilfe der Bauern des Tals lässt sich vieles lösen.« HANNES MÜLLER, WEISSENSEE/KÄRNTEN Am Anfang war die Tradition Der Vorreiter dieser Bewegung ist Hauben- koch Andreas Döllerer vom Genießerhotel Döllerer aus Golling bei Salzburg. Bereits vor zehn Jahren erkannte er das einzigar- tige kulinarische Potenzial, das ihn umgab, und adelte es mit dem frankophilen Namen »Cuisine Alpine«. Warum? »Mir ging es um eine konkrete, kulinarische Positionierung. Nationen wie Frankreich, die ganz klar mit einer guten Küche in Verbindung gebracht werden, machen es uns vor. Wir müssen verinnerlichen, welch einen Schatz wir vor der eigenen Haustür haben und dies ehren und schätzen.« Dabei ist für ihn die Bewe- gung, die er einst anstieß, weit mehr als ein Trend. »Für mich geht es um eine Rückbe- sinnung. Die alpine Küche ist eine Küche mit jahrtausendealter Tradition und einem stark bäuerlichen Hintergrund. Eine Küche, die sich nicht über Landesgrenzen definie- ren lässt und weder am Walserberg noch am Brenner Halt macht.« Dennoch: »Kuli- narisch gesehen wäre es für mich kein Thema, wenn die Landesgrenzen geschlos- sen wären«, bekennt Hannes Müller vom Genießerhotel »Die Forelle« am Weißensee in Kärnten ganz offen. Denn auch wenn die Produktklammer der Alpinen Küche – durch die massiven Ausmaße der Gebirgs- kette und der damit verbundenen unzäh- ligen Mikroklimata – eine unglaubliche Produktvielfalt vom Olivenöl bis zum Mit- telmeerfisch zulässt, ist für den Spitzenkoch der Schlüssel zum Glück das Bekenntnis zur Einzigartigkeit. Lage, Lage, Lage »In der Reduktion auf die Ressourcen, die uns ganz nah umgeben, steckt die wahre Authentizität. Ich will Eigenständigkeit auf dem Teller leben und nicht mit Köchen in New York oder Tokio vergleichbar sein.« Dieser Philosophie gab Müller den Namen Fotos: Ferdinand Neumüller (2)

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