Cirque Gourmet 24
18 Cirque Gourmet 2022/23 Antonie Metzler: Auf der anderen Seite kriegt der Wald dadurch sein sauberes Ambiente. Claudia Sutterlüty: Stimmt schon. Man sieht tatsächlich wunderschöne Gärten, prächtige Blumen und gepflegte Rasen. Aber den Liegestuhl, in dem jemand liegt und all diese Pracht auch nützt und genießt, sieht man leider viel zu wenig. Tradition hat hier bei Brauchtum oder Handwerk einen hohen Stellenwert. Keine Tradition haben Frauen in Führungspositionen. Wie erlebt ihr das in euren Jobs? Ellen Nenning: Woher kommt die Information, dass das keine Tradition hat? (schmunzelt). Claudia Sutterlüty: Das hat sogar eine sehr lange Tradition. Dass die Frau im Wald den Laden schmeißt ist Usus und Tradition. Nur hat’s bisher kein Geld dafür gegeben. (lacht) . Antonie Metzler: Wir sind daheim im Betrieb ja sechs Frauen, und die »Welt am Sonntag« hat einmal einen Bericht über unsere »Weiberwirtschaft« gebracht. Unsere Marketingagentur wollte das gleich ausschlachten, aber wir haben alle sechs gesagt, das passt uns nicht. Wir machen hier unsere Arbeit und müssen nicht betonen, dass wir das als Frauen tun. Ellen Nenning: Es wäre schon cool, wenn das ganze System weiblicher würde. Mir geht es nicht darum, dass mehr Frauen in Spitzenpositionen kommen, weil sie es besser machen, sondern weil sie es anders machen. Weil niemand braucht das, dass Frauen einfach nur die besseren Männer sind. Claudia Sutterlüty: Ich glaube, es geht weniger ums Geschlecht als um neue Arbeitsmodelle, innovativer und der Zeit entsprechender. Da hat auch die Pandemie Optionen gezeigt für eine neue Art, wie man arbeiten kann – das sollte man als Chance zur Veränderung nutzen. Ellen Nenning: Wenn es nur um Umsatz geht, ist das Geschlecht egal. Wenn ich aber ein bisschen tiefer in die Idee eintauche, was ich dafür tun muss, um von Mitarbeitern die Leistung zu bekommen die ich brauche, schaut das anders aus. In klassisch männlichen Schubladen zu denken wird nämlich dazu führen, dass es ganz bald niemanden mehr geben wird, der diese Leistung erbringen möchte. Ich brauche nämlich keinen weiblichen oder männlichen Zugang, sondern nur einen offenen, der mir den Umgang mit verschiedenen Lebensstilen ermöglicht. Ich kenne einen Fall, da hat sich ein Mann für einen Teilzeitjob beworben, der geschlechtsneutral ausgeschrieben war. Als er sagte, er müsse daheimbleiben wenn sein Kind krank wäre, sagte der männliche Personalchef: Wir suchen eigentlich eine Teilzeitkraft weiblich. Da sieht man die Rollenzuschreibungen, und das wird im Großen nicht so rasch zu ändern sein. Im Kleinen können wir drei mit unseren Unternehmen aber vielleicht schon erste Schritte in eine richtigere Richtung aufzeigen. Kehren wir zum Eingangsthema Genuss zurück. Haben sich hier bei den Gästen die Ansprüche geändert? Antonie Metzler: Ich würde sagen, es ist ganzheitlicher geworden. Es wird die Umgebung, die Architektur sehr bewusst wahrgenommen – und auch die Menschen, die den Gästen im Haus begegnen, also die Mitarbeiter, werden in diese Betrachtung einbezogen. Und was mir noch auffällt: Die Menschen, die Ruhe suchen, die einfach nur da sein wollen in diesem entspannten Ambiente ohne viel Programm, werden immer jünger. Ellen Nenning: Ich glaube, man muss sich und seinem Konzept treu bleiben. Wir haben zum Beispiel am Donnerstag Dresscode Bademantel. Da gibt es Menschen, die lieben das und solche, die verstört sind, weil sie sich gern aufbrezeln und plötzlich im Cocktailkleidchen inmitten von lauter Bademänteln sitzen. Aber wir müssen auch in dieser Branche anfangen, ein gewisses Selbstbewusstsein zu entwickeln und zu sagen: So sind wir, das machen wir und das kostet es. Wer mag, der greife zu. Und wer nicht, der nicht. Foto: Michael Gunz Die historische »Wälder Stube 1840« verleiht dem Genießer- Romantik Hotel Das Schiff in Hittisau ein ganz spezielles Ambiente. Was dort auf die Teller kommt, macht den Genuss perfekt und wurde von Gault & Millau mit drei Hauben ausgezeichnet. Foto: Christian Wöckinger Nicht nur die Suiten, sondern auch der großzügige Wellnessbereich im Genießerhotel Gams, zu zweit in Bezau liefert den idealen Rahmen für sinnliche Stunden zu zweit. Und wenn die Leidenschaft einmal kurz Pause macht, lässt es sich trefflich für diese Architektur entflammen. »Ich glaube, genauso wichtig wie sich für seine Sache ins Zeug zu legen, ist, gelegentlich auf Distanz zu gehen, um einen klaren Kopf zu kriegen.« CLAUDIA SUTTERLÜTY, FLOWERS IN BED
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