21 Cirque Gourmet 2023 Austern im Südtiroler Wald nachbauen, Speck »schnellreifen« und vor allem Gewohnheiten hinterfragen – das alles ist »La FuGa«. Für das Duo hinter der intensiven und persönlichen Ess-Experience in Bad Schörgau geht es weder um Küchenartistik noch um Dogmatik. Mattia Baroni und Gregor Wenter wollen mit einem Geschmack überzeugen, der uns seit der Muttermilch vertraut ist: Umami. Ihre kojifermentierten »Garums« machen selbst simple Spaghetti mit Butter zur komplexen Mahlzeit. Unabhängig von der Saison, nachhaltig und ultra-lokal soll am Ende Wohlgeschmack zum Umdenken führen. Der abgeschleckte – und nicht der moralische – Zeigefinger weist den Weg von »La FuGa«. egensätze ziehen sich an: »Er ist Ingenieur und Informatiker und total strukturiert, ich bin eher ein bisserl Chaot«, beschreibt Gregor Wenter die Zusammenarbeit mit seinem Küchenchef Mattia Baroni. Als der Koch aus Limone am Gardasee in das Südtiroler Genießerhotel zurückkehrte, in dem er bereits 2015 Sous-Chef war, kannten ihn einige italienische Foodies als Fermentationsguru aus dem TV. Heute spricht man von seinen Ideen im Kopenhagener »Alchimist« ebenso wie im »Le Due Colombe« in Franciacorta. Der Grund dafür nennt sich »La FuGa« und hat viele Gesichter. Zum einen ist das »Laboratory for Future Gastronomy« ein kulinarischer Think Tank, der die Ressourcen des Planeten retten möchte. »Vom Sarntal aus, das keiner kennt, geht das nur mit Produkten, die bestehen«, ist Hotelier Wenter aber kein Träumer. Pioniere aus aller Welt gehören dem Netzwerk an, das »mit besserem Geschmack die Menschen zu besseren Ernährungsentscheidungen führen will«. Spitzenköche sind ebenso dabei wie Forscher der »Geschmacksuni« Wageningen (Niederlande) oder der Nachhaltigkeitsberater von König Charles III. Dass sich »La FuGa« auch als »Flucht« übersetzen lässt, sieht Wenter als Auftrag: Es soll weggehen von industriellen Lebensmitteln und das nicht nur für die »Upperclass«. Was Mattia Baroni darunter versteht, lässt sich in drei Akten in Bad Schörgau erleben. Denn »La FuGa« ist auch eine Alternative zur Halbpension oder dem À-la-carte-Menü. Mehr als sechs Plätze gibt es nicht, serviert wird u. a. direkt in der alchemistisch anmutenden Küche. Der erste Akt: Der Trost von Umami Es beginnt mit einem scheinbar harmlosen Gedeck, währenddessen Wenter und Baroni die Philosophie hinter dem Projekt erläutern. Ohne Dogmatik, mit einem Glas Pet Nat in der Hand, erfährt man dann, dass die vermeintlichen Poppadoms zum Speck ebenso wenig indisch sind wie die Südtiroler Wurstspezialität in der Selch war. Molke, Reis und Kürbissaft – allesamt Reste aus der Küche – werden zum knackigen Chip gebacken. Der »Speck« wiederum heißt intern »Fast Salami« und wurde in nur zwei Monaten ohne Räuchern erzeugt. G
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