Cirque Gourmet 26

18 Cirque Gourmet 2023/24 Robert: Die Art und Weise, wie Gäste sich bei euch wohlfühlen an eurem Tisch und von euch trotzdem betreut, serviciert und verwöhnt werden, die Haltung, die man Menschen gegenüber einnehmen muss, damit das funktioniert – das schaue ich mir in der Gastro ab. Die besten Kellnerinnen und Kellner, die besten Gastgeberinnen und Gastgeber waren seit jeher für mich eine Inspiration. Ich kann mich noch erinnern, als ich das erste Mal mit Freunden bei euch essen war. Da bist du aus der Küche gekommen, und alle bei uns am Tisch sind aufgestanden, weil das Essen so großartig war. Das war der natürliche Impuls aufzustehen, als der Mann herauskam, der all das gekocht hat. So eine spontane Bekundung wäre in vielen hochgelobten Spitzenrestaurants undenkbar, in denen es eher steif zugeht. Habt ihr mit solchen Häusern Erfahrungen gemacht? Thomas: International ist es natürlich schon so mit den gehypten Restaurants, dass du hinpilgerst und froh bist, überhaupt einen Platz zu kriegen. Du bekommst dann zwar Qualität und Perfektion, aber eine Seele hat das halt oft nicht. Robert: Mich stört an Toplokalen oft, dass von der Küche bis zum Eigentümer eigentlich alle total locker sind, und dann sitzen die Gäste da wie im Petersdom. Wenn ich essen gehe, und ich habe dabei das Gefühl als hätte ich einen Termin beim Chef, mache ich etwas falsch. Ich gehe auch nicht in Lokale, in denen man mir mitteilt, ich dürfe von 18 bis 20.30 Uhr dort sein, weil der Tisch ab 20.45 Uhr wieder vergeben ist. Ich will nicht auf die Uhr schauen müssen, während sich ein kulinarischer Abend gut entwickelt. Nicht nur die Chefleute gewinnen beim Landhaus Bacher Preise, sondern auch eure Youngsters – zuletzt die 18-jährige Fiona Fuss als »Rookie of the year«. Was ist das Geheimnis eurer Ausbildung? Thomas: Wir vermitteln ihnen das Schöne an unserem Beruf. Dass man mit Leidenschaft und guter Stimmung eine Freude bei der Arbeit hat. Unsere jungen Leute sollen sich bei uns gut entwickeln und sagen können: Das oder das schaue ich mir von Chef und Chefin ab, ich habe aber trotzdem die Chance, mich selbst zu etablieren und in die Auslage zu stellen. Susanne: Wir arbeiten ja lange und hart genug, und dann muss das Arbeitsklima passen. Klar muss man sich konzentrieren wenn’s drauf ankommt, aber es darf und soll auch lustig sein. Und wir gehen auf die jungen Leute ein, das ist ganz wichtig. Robert: Man muss sich, wenn man lange im Geschäft ist, manchmal selbst daran erinnern, dass man ein Feuer an den Nachwuchs weiterzugeben hat. Es ist zu wenig, einfach dabei zu sein und zu sagen, ich mache jetzt eine Lehre im Landhaus Bacher oder fange als 19-jähriger Mensch bei Ö3 an. Die Ehre einer Institution genügt nicht. Und wenn man sich bei euch die jungen Leute anschaut, merkt man welche wahnsinnige Freude hier dahintersteckt, so hart es oft auch sein mag. Solche Möglichkeiten der Entfaltung gibt es aber nur in Betrieben, die in jeder Hinsicht Spitzenbetriebe sind, nicht nur am Gast und auf dem Teller. Ihr seid so lange befreundet und habt es noch nie geschafft, gemeinsam essen zu gehen. Wohin ginge jeder von euch gern mit den anderen einmal fein speisen? Thomas: In eines unserer internationalen Lieblingsrestaurants, das Frantzen in Stockholm. Das ist Performance in Perfektion – aber nicht gekünstelt. Robert: Zu den Hubers ins Esslokal in Hadersdorf oder in die Hofmeisterei in Weißenkirchen. International ins Wolf Atelier in Amsterdam. Susanne: Wohl in die kleine Tapas-Bar, in der wir bei einem Barcelona-Trip einmal waren. Foto: Herbert Lehmann Wo unsere Genießer-Gesprächspartner Susanne Dorfer-Bacher, Thomas Dorfer und Robert Kratky selbst gerne einkehren. ESSLOKAL HADERSDORF AM KAMP, NIEDERÖSTERREICH Foto: Adam van Nood WOLF ATELIER AMSTERDAM, NIEDERLANDE Foto: Martin Botvidsson FRANTZEN STOCKHOLM, SCHWEDEN Foto: Günter Standl HOFMEISTEREI HIRTZBERGER WÖSENDORF, NIEDERÖSTERREICH Lieblings LOKALE

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