Cirque Gourmet 26

24 Cirque Gourmet 2023/24 o hört Wirtshausküche auf? Wo fängt »Fine Dining« an? Die Antworten darauf geben jene Genießer-Adressen, die seit Langem ein Konzept pflegen, das anderswo unter dem Titel »Bistronomie« wie der wiedergefundene Gral gefeiert wird. Also klassische Küche unter der Ägide top-dekorierter Chefs, mitunter sogar am gleichen Herd zubereitet wie die hochklassigen Degustationsmenüs. »Wir leben vom Wirtshaus«, gibt einer der Geheimtipps unter den heimischen Spitzenköchen unumwunden zu. Lagebedingt ist für Franz Meilinger vomWeyerhof in Bramberg am Wildkogel (siehe Seite 84) ein reines Gourmetmenü keine Option. »Das eine muss das andere erhalten«, so der Pinzgauer, der aber nicht nur rhetorisch darauf Wert legt, »dass bei uns beides gleich wertschätzend behandelt wird.« Auch räumlich gibt es keine Trennung der beiden Lokale, so Meilinger listig. Wer im Oberpinzgau gerne auf seinem Lieblingsplatz bei einem Bier und einer Pressknödel-Suppe sitzt, soll am Abend nicht den Gourmetgästen weichen müssen. »Doch wenn in der Stube plötzlich für einen Tisch das »Fine Dining«-Überraschungsmenü aufgetragen wird, schauen automatisch alle«. Denn das servieren die Chefköche Franz Meilinger und Andreas Stotter persönlich und erläutern die Gänge. Nicht wenige Wirtshausgäste, die dieses Gourmet-Angebot sehen, »kommen drei Tage später wieder, um es selbst zu genießen!« Die Region authentisch erschmecken Für ein Ferienhotel für Genießer ist das doppelte Angebot unverzichtbar, ist der Weyerhof-Chef überzeugt. »Man will im Urlaub nicht jeden Tag ein kreatives 6-Gänge-Menü, sondern vielleicht einfach mal eine Frittatensuppe, ein Schnitzel oder einen Kaiserschmarren«. Außerdem verbinden viele Gäste aus dem Ausland diese Klassiker mit Österreichs Kulinarik«, so Meilinger, »und das wollen wir auch anbieten«. Der hohe Stellenwert, den Österreichs Spitzenköche dem Wirtshaus zubilligen, zeigt sich bei einer Reise durch die Bundesländer als geographieunabhängige Konstante. Schön lässt sich diese parallele Entwicklung zweier Küchen-Stile im idyllisch gelegenen Genießerhotel Alpin am Tiroler Achensee verfolgen (siehe Seite 110). »Wir haben klassisch mit Wirtshausküche begonnen, mit der Zeit hat sich ›Fine Dining‹ daraus ergeben«, so Armin undAlexander Gründler unisono. W Foto: alpline.com Fotos (2): Johannes Kernmayer ARMIN UND ALEXANDER GRÜNDLERS WIRTSHAUS-KLASSIKER: Das Wiener Schnitzel ist Standard, aber natürlich in entsprechender Qualität. Dazu gibt’s immer Lamm und Rind vom Nachbarn. Wenn man einen See vor der Haustür hat, darf Süßwasser-Fisch nicht fehlen, und Speckknödel gehören in Tirol fast ebenso zwingend dazu wie Kasnocken. Sehr typisch für den Achensee: die Bergschnallen, unsere Version der »gebackenen Mäuse«.

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