44 Cirque Gourmet 2023/24 Auffällig ist auch die Hauswein-Linie mit eigenem Etikett und Spezialfüllungen von Weingütern wie Tement … RM: Der Hauswein ist ja oft so eine Sache. Da gibt es etwa einen um drei Euro fünfzig, der dann ein Zweigelt aus dem Stahltank ist. Das wollten wir nie haben! Bei den Überlegungen, wie wir das machen, hat sich über die Bekanntschaft mit Alwin Jurtschitsch als erster der »Fulminant« ergeben: Ein länger gereifter Veltliner, der kulinarisch etwas »aushält«. Auch beim Zweigelt Reserve von Niki Moser sollte etwas Holzeinsatz dabei sein. Wachter-Wiesler hat für uns den »Euphoria« (Merlot und Blaufränkisch) mit den Stielen vergoren, und das ist schon sehr anspruchsvoll, braucht Zeit und muss belüftet werden. Für den normalen Weintrinker, der seinen Zweigelt gewohnt ist, ist das schon schwierig. Darum war uns auch wichtig, dass darüber geredet wird – und am Etikett nicht das Hotel oder der Wirt abgebildet ist, sondern etwas Eigenes. Und alle sind bio. Legt der Gast darauf Wert? RM: Das weniger, aber uns schmecken diese Weine einfach besser. Ich bekomme leichter vom konventionellen Wein Kopfweh, den biologischen vertrage ich besser. CM: Oft ist auch die Geschichte hinter den Weinen interessanter bei den Bioproduzenten. Alle Weine gibt es minus 15 Euro auch zum Mitnehmen, das heißt, es wird mit Fixaufschlag kalkuliert? RM: Wir nehmen tatsächlich den Einkaufspreis plus Aufschlag und Steuer. Lediglich extrem seltene Dinge (z. B. Ulysse Colin) sind ein wenig anders bepreist. Ich finde, dass bei uns auch die hochwertigen Weine relativ günstig sind. CM: Der Gast, der zu uns kommt und sich damit beschäftigt, darf ja auch belohnt werden! Wer sich nicht auskennt, der bestellt das vermutlich eh nicht. Wie wichtig war die Auszeichnung »Weinkarte des Jahres« im Vorjahr? RM: Man merkt schon, dass Leute gezielt kommen und seltene Flaschen suchen. Ob es jetzt den Wahnsinnsumsatz bringt, kann ich schwer sagen, aber es hat uns sicher bekannter gemacht. Aber: Einfach viel »gutes Zeug« zu haben, reicht nicht. Du musst es auch verkaufen! Wie macht das der »Autodidakt« Rainer Müller? RM: Man muss aktiv verkaufen, viel beraten und den Gästen auch mal Weine blind hinstellen. Damit sie überrascht werden. Wenn es heißt »bitte nur keinen Bordeaux« und dann stellt man diesen blind hin, kann man das Eingefahrene bei den Gästen ein wenig auflösen. Zum anderen wird aber gezielt bestellt: Viele Gäste kommen sehr gut vorbereitet und mit einer Liste an Weinen, die sie trinken mögen: wir haben die Weinkarte in den Buchungsbestätigungen verlinkt, bzw. auf unserer Homepage veröffentlicht. Der Gast zeigt mir dann oft schon am Handy: »Das hätte ich gern am Abend«. INTERVIEW Wieviel Weine werden glasweise im Abendservice angeboten? RM: Das sind immer so 12 bis 14 offene Weine, damit ein bisschen Auswahl da ist. Am meisten gehen natürlich unsere Privatfüllungen, da ist der Veltliner der Renner. Von dem brauchen wir sicher 1.200 Flaschen im Jahr. Womit überraschen Sie den deutschen Gast mit Weinen aus Österreich? RM: Weißburgunder Tement »Pino T.« 2013, das ist gerade ein Lieblingswein von mir. In Rot: Zweigelt »Römerstein« von Alexander Egermann, einem kleinen Weingut im Seewinkel. Interessant sind auch die Weine, die mit »In Reifung« markiert sind. Werden die strikt nicht serviert, bis sie zugänglich sind? RM: Man kann diese schon vorbestellen, weil sie bei uns im Außenlager reifen. Was wir nicht gern machen, ist einen 2020er Bordeaux zu servieren. Da muss man sagen: Das ist echt zu jung! Die Karte soll übrigens in Zukunft ein wenig kleiner werden, aber noch ausgesuchter. Vor allem beim Thema Jahrgangstiefe. Wer bestellt das in einem Land, das am liebsten jetzt schon den 2023er trinken würde? RM: Das ist sicher für Leute, die sich auskennen oder jene, die fragen: »Kann man das alte Zeug noch trinken«? Dann machst du eben eine Flasche auf und sie staunen – vor allem beim Weißwein, wo sie nicht glauben, dass dieser fünf Jahre alt sein soll. Abseits vom Wein ist die Auswahl an alkoholfreien Optionen groß. Werden sie auch als Menübegleitung bestellt? RM: Generell hat sich die Kategorie gut entwickelt, zum Menü ist es nicht überbordend häufig, aber es kommt vor. Wenn vier Leute zusammensitzen und einer hat die alkoholfreie Begleitung, dann wird aber mit Sicherheit darüber am meisten diskutiert. Bei Pairings oder Weinmenüs gibt’s zwischen den Brüdern, Wein-Koryphäe Rainer (links) und Spitzenkoch Patrick Müller, kein Spannungsverhältnis. »Schließlich ist es bei dieser Wein-Auswahl nie schwer, das Richtige zu finden«, sind sie überzeugt. Foto: Dominik Doucha
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