Cirque Gourmet 28

20 Cirque Gourmet 2024/25 EINTAUCHEN IN DIE PRIVATE WELT DES MARTIN WALKER: Als wir ihn – mit Bernhard Otts JRE-Veltliner als Mitbringsel – in Bugue besuchten, fühlten wir uns wie in der Kulisse eines der Bruno-Krimis: Im Garten des 300 Jahren alten, einst bäuerlichen Anwesens gackerten die nach Politikerinnen benannten Hühner, deren kürzlich verstorbener Gockel übrigens Macron hieß. In der historischen Küche bereitete Nachbarin Francette das Menü vor, natürlich auch mit hausgemachter Entenpâté, zu der die von Walker gemeinsam mit dem Weindoyen des Périgord, Julien de Savignac, kreierte Bruno-Cuvée serviert wurde. Dann gesellte sich noch Nachbar Raymond dazu, einst Capitaine der Gendarmerie und Vorbild für Jean-Jacques, in den Büchern der Chef der Kriminalpolizei. Nicht zu vergessen Balzac, der mittlerweile etwas rundlich gewordene, legendäre Bassett von Bruno, Chef de Police. einen Fixpunkt in unserem Leben wäre. Ich stimmte zu, vergaß das aber bald wieder. Wenig später war ich in Washington, um Bill Clinton zu interviewen. Ich stand schon im Vorraum des Oval Office, als mein Telefon – damals noch so ein Riesending – zu läuten begann. Dran war Julia, und sie sagte: »Egal, was du gerade tust. Steig ins nächste Flugzeug und komm nach Frankreich – ich habe unser Haus gefunden.« Clinton habe ich natürlich nicht sitzen gelassen und das Interview gemacht. Aber dann flog ich, und in diesem Haus leben wir jetzt seit 25 Jahren. Sie waren ja zu einer Zeit als Journalist in Moskau, als dort mit Glasnost und Perestroika Geschichte geschrieben wurde. Wie konnten Sie da wegwollen? Martin Walker: Es stimmt schon. Für einen Reporter war das an diesem Ort damals eine wunderbare Zeit. Aber ich sage es Ihnen ganz ehrlich: Das Essen in Moskau war tragisch. Sie haben schon so schön beschrieben, was Sie am Wesen des Dorfpolizisten so fasziniert hat. Nun waren Sie schon als Journalist einer, der sich den Themen nicht über Systeme und Strukturen, sondern über die Menschen angenähert hat. Ist es das menschliche Wesen an sich, das Sie so fesselt? Martin Walker: Auf jeden Fall, aber es waren damals nicht nur die Menschen. Für mich spielte als junger Journalist auch die Rockmusik eine zentrale Rolle. Ich durfte dieses Feld für den »Guardian« beackern, aber nur in der Freizeit, außerhalb meiner eigentlichen Aufgaben. So kam ich aber zur Uraufführung von »Dark side of the moon« von Pink Floyd in London, war mit The Who und David Bowie unterwegs, mit Procol Harum auf Tour und bei der Hochzeit von Mick und Bianca Jagger. Da muss ich sofort unterbrechen: Beatles oder Rolling Stones? Martin Walker: Ich liebe die Rolling Stones. Die Musik hat Ihnen aber auch wertvolle Kontakte weit über das Genre hinaus beschert. Martin Walker: Definitiv. Ich habe auch damals in Moskau sofort einen Rockmusik-Journalisten gefunden, durch den ich zu den ganzen UndergroundKonzerten gekommen bin. Dort haben sich die Sprösslinge der Zentralkomitee-Mitglieder, alle in Die Opfer liegen nicht irgendwo in der Gegend, sondern an touristischen Highlights. Dazu wird ständig gekocht und alles zusammen mit einer ordentlichen Portion Geschichte und Geheimdienst vermixt – das ist wohl das Geheimnis, warum die Bruno-Krimis eine Millionenauflage erreichten. Auch der aktuelle Band 16 »Im Château« (Diogenes 2024) stürmte sofort die Bestsellerlisten. Und weil das Genießen eine so große Rolle spielt, gibt’s zu den Romanen auch noch je ein Koch- und Gartenbuch mit Rezepten und Geschichten aus dem Périgord. Fotos: Wolfgang Neuhuber / ART (6), Heidi Diehl

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