Istrien Magazin 2017
ISTRIEN magazin 15 14 OKTOPUS AN DER DECKE Novigrad war einst griechische Ko- lonie, später römische Siedlung, irgend- wann sogar Bischofssitz. Geschichte, die man dem mittelalterlichen Städtchen noch ansieht, die man an gewaltigen Fes- tungsmauern ausmachen kann und am Campanile, der hier einmal mehr wie ein Zwilling des Markusturms aussieht. Wir schlendern durch 1.400 Jahre Historie und stöbern in den kleinen Boutiquen der weitgehend autofreien Altstadt. Spä- ter kehren wir in der Konoba Čok ein, in der uns Küchenchef Viljan Thunfischta- tar, Oktopus mit Kichererbsenmus und frittierte Fischhaut kredenzt. So köstlich! Eine künstlerische Lichtinstallation ziert die Decke. „Das Werk nennt sich Oktopus und Chef “ erklärt Patron Ser- gio, den alle nur Čok nennen, stolz. „Ein Freund aus Österreich hat es mir zum 60. Geburtstag geschenkt“. Auch dem Freund muss es hier schmecken. Bleibt noch die Stadt Umag, die sich in eine sichelförmige Bucht im Nordwesten Istriens schmiegt. Eine warme Brise weht durch die Gassen, lässt die Blüten der Bougainvilleen wippen. Gerade mal 150 Meter breit ist die Landzunge, ein paar Schritte nur, und man ist auf der ande- ren Seite, wo die Wellen fast an die Res- tauranttische klatschen und die Wirte vor den Fischvitrinen um Gäste buhlen. WILLKOMMENES DÉJÀ-VU Wir nehmen Platz, dem Wasser wie- der ganz nah. Trinken ein Glas istrischen Malvasier, dann noch eins. Eine Katze streicht ummeine Beine, hinter mir läutet die Glocke der Pfarrkirche »Heilige Maria und Heiliger Pelegrin«. Ich denke an die nächsten zwei Tage. All die zauberhaften Orte werden noch einmal an uns vor- beisegeln wie eilige Reisende. Auf halber Strecke werden wir in Vrsar stoppen, dort noch in der Konoba Trost einkehren, die uns wärmstens empfohlen wurde, viel- leicht die Fischplatte kosten und auf jeden Fall eine Flasche Olivenöl mitnehmen. Dann wird Rovinj im Kielwasser ver- schwinden, später das Brijuni-Inselar- chipel und irgendwann auch das Amphi- theater von Pula. Meine Gedanken trei- ben ab. Zu all den schönen Orten. Zum Meer. Zu den Delfinen. – Natürlich, Istri- en hat auch ein schönes Hinterland mit trutzigen Dörfern und mittelalterlichen Städten. Eine hügelige und fruchtbare Naturlandschaft mit Trüffelwäldern, Oli- venhainen und Weingärten, die sehr gute Tropfen hervorbringen. Und – ja, da kann man wunderbar wandern, Fahrrad fahren und sich sogar auf Trüffelsuche begeben. Aber hinter vorgehaltener Hand flüs- tere ich meinem Mann und Kapitän zu: Istrien nur von Land aus zu bereisen wäre wie das Meer ohne Delfine, wie die Insel Veli Brijun ohne Zebras, wie Pula ohne das Amphitheater (…). 1 2 1. In der Altstadt von Novigrad verschmelzen Zeitgeist und Zeitzeugen zu einer sympathischen Melange. 2. Auch in Umag verzaubern pittoreske Altstadtgassen. FOTOS:Amme (1), Heuer (1)
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