Istrien Magazin 2018
63 T omislav Pavleka rührt etwas nachdenklich in seiner Pfanne. „Manchmal gibt es auch ein Mot- to, eine Verbindung.“ Er sieht auf und grinst. „Wenn nicht, dann sorge ich selbst für Abwechslung.“ Wenn der Mittfünfziger nicht in der Küche seines Gasthauses steht, organisiert er Jazz- konzerte und vor allem das jährliche Last Minute Open Jazz Festival in dem kleinen Ort Bale. Hier, auf gepflasterten Plätzen, zwischen historischen Fassa- den, in dem liebenswert verschlafenen Dorf auf halbem Weg zwischen Rovinj und Pula, macht das Festival seinem Na- men alle Ehre. Der Eintritt ist gratis, die Besucher sind ebenso spontan wie man- che Auftritte der Künstler. Ein Motto gibt es wie gesagt nicht immer, aber das Wichtigste, so Tomislav: Es gibt Jazz. Also zumindest zu zwei Dritteln. Der Rest sei Ethno-Musik, ein Tribut an die modernen Zeiten. „Moderner Jazz ist nicht so verständ- lich für das Publikum, ein bisschen wie Mathematik, manchmal leicht, manch- mal zu schwierig.“ Er versuche, die jun- gen Musiker zu einer klassischen Linie zurückzubringen. Tomislav schmunzelt. Eine Art Schule. Miteinander reden sei erlaubt, die Künstler dürfen, ja sollen sich sogar austauschen. Kochen für Musik Nicht nur darin unterscheidet sich das Jazzfestival Bale von vielen anderen, wesentlich größeren Events. Zwischen 500 und 1000 Besucher kommen pro Tag, große Gagen gibt es keine, wo- her auch, hier wird ohne Geldinstitute, Brauereien oder andere Großsponsoren musiziert. Nur das österreichische Kul- turforum in Zagreb und das Kulturmi- nisterium schießen ein wenig zu. Den Rest muss der Wirt mit seiner kultigen Jazzkneipe »Kamene Priče« selbst er- wirtschaften. Und irgendwie geht es sich immer aus. Seit zwölf Jahren. Nicht zuletzt, weil die Newcomer ebenso wie die Stars um kleines Geld auftre- ten. „Weil sie hier spielen wollen“, sagt Tomislav nicht ohne Stolz. Das kleine Bale ist in der Jazzwelt mittlerweile eine Größe, kooperiert mit Lissabon, Ljubl- jana, Cambridge. Und natürlich mit Grožnjan, der Keimzelle aller istrischen Musikfestivals. Jazz und Wein Für das befestigte Städtchen aus der Zeit der Venezianer war die Musik buchstäblich lebensrettend. 1968 durch eine Künstlerinitiative zur „Stadt der internationalen Musikjugend“ erklärt, zählt Grožnjan heute wieder an die 200 Einwohner – und rund 30 Galerien. Klassische Musik hat mit den »Jeu- nesses Musicales« hier schon eine lange Tradition, doch es waren Jazzlegende und Vibraphonist Boško Petrović, der aus Zagreb ins istrische Hinterland kam, und der engagierte Bürgermeister Rino Dunis, die vor fast 20 Jahren den Jazz- sommer ins Leben riefen. Seither wird hier jedes Jahr im Frühling, sobald sich die schweren Holzportale den Winter- schlaf aus den Angeln gähnen, gefiedelt, gezupft, geflötet und getrommelt was die Finger hergeben. Hinter jeder Haus- ecke wartet eine akustische Kostprobe, und so manches Talent ist dabei schon entdeckt worden. „Jazz is Back!“ ist das Motto des Festivals, das bereits 2008 als Europas bestes, kleines Jazzfestival ausgezeich- net wurde. Einstige Schüler unterrich- ten heute. Der steirische Saxophonist und renommierte Bandleader Sigi Feigl macht hier ebenso Station wie sein Leh- rer Karlheinz Miklin und die Bass-Iko- ne Ewald Oberleitner. Das Besondere an Grožnjan sieht Feigl so: „Was man nicht braucht, gibt es nicht.“ Kein großer Komfort, aber ein fas- zinierendes Arbeitsklima. Gespielt wird drei Wochen lang täglich, auf einem Platz zwischen den alten Steinmauern. Der Eintritt ist frei, und wer Glück hat bekommt dazu von einem istrischen Winzer ein Glas Wein in die Hand ge- drückt; sympathischer kann eine Wein- präsentation kaum sein. TEXT: BARBARA HUTTER „SOGAR CHARLIE PARKER HAT UM ZEHN DOLLAR GESPIELT. ARME KÜNST- LER SPIELEN BESONDERS GUT.“ Tomislav Pavleka Mit dem »Kamene Priče« im mittelalterlichen Örtchen Bale eröffnete Tomislav Pavleka 2001 einen wunderbar-eigenwil- ligen »Bar-Restaurant-Per- formance-Raum«, dessen Konzept sich als Lebensart und Botschaft versteht. Richtig gute Musik, und auch das Essen schmeckt. www.kameneprice.com FOTOS: Brandstätter (1), www.bale-valle.com/Slaviša Srdić (1)
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