Istrien Magazin 2019

21 D ass viele der venezianischen Masken in Stanley Kubricks Hollywoodfilm »Eyes wide shut« in einem kleinen istrischen örfchen angefertigt wurden, dürften die wenigs- ten wissen, obwohl die goldfarbene Larve von Tom Cruise als beliebtester Fan-Artikel des Films bereits hunderte Male kopiert wurde. Seit 1997 entstehen in Loredana Musizzas Heimatort Vabriga bei Tar jähr- lich zwischen 16.000 und 30.000 Maskenrohlinge, die später von Kunsthandwerkern der Lagunenstadt dekoriert, ausgestellt und als original venezianische Masken verkauft werden. »Original« sind sie auch, schließlich werden sie von Loredana und ihren sechs Mitarbeitern ausschließlich nach venezianischer Tradition in Handarbeit hergestellt. Alles was man dazu braucht sind Gipsformen, spezielles Wollpapier, Kleister und Wasser für die Pappmaschee. Kunststoffmasken aus China sind Loredana ein Gräuel: „Der Plastikkram verschmutzt die Umwelt, und die Masken tragen sich äußerst unangenehm.” Außerdem geht es ihr darum, die jahrhundertealte venezianische Handwerkskunst zu bewahren und zu pflegen. So findet man in den Regalen der Werkstatt ausschließlich traditionelle Gesichter: Den Pestarzt »Medico della Peste« mit seinem langen Schnabel, den roten »Arlecchino« (Harlekin) oder die reinweiße Maske namens »Bauta«, Loredanas Liebling mit ei- ner interessanten Geschichte: „Casanova trug sie, bevor er sich hinter üppiger Verzierung versteckte. Die Bauta-Maske wurde vor allem im 18. Jhdt. getra- gen und gewährte größtmögliche Bewegungsfreiheit, da man dahinter essen und sprechen konnte.” Bis auf die Maske des Pestarztes, die ihre Träger vor Anste- ckung schützen sollte, diente die Verhüllung damals nämlich primär der anonymen Bewegung in Gesell- schaft. Neben den Stadtbewohnern selbst mischten sich so auch Adelige aus ganz Europa, etwa der öster- reichische Kaiser Josef II. (1741–1790), inkognito un- ter das venezianische Volk. Erst später wurden Mas- ken imTheater und beim Karneval eingesetzt. Loredana lebte in den 1980er-Jahren mit ihrem heutigenMann inVenedig, woerArchitektur studierte und zusammen mit seinem Freund ein Maskenge- schäft betrieb. „Ich selbst fing eigentlich aus Spaß an der Sache mit der Maskenproduktion an”, erzählt sie. Damals griff sie noch öfter zu Farbe, Federn, Bändern und Swarovski-Kristallen, während ihre Manufaktur »Lorymasks« heute hauptsächlich weiße Rohlinge herstellt. „Diese aufwändige Basisarbeit will in Vene- dig kaum jemand mehr machen“, erklärt sie uns. Weil Loredana gerne kreativ ist, freut sie sich aber auch über Bestellungen verzierter Masken. Je nach Art und Aufwand kostet so ein Unikat zwischen 30 und ca. 160 Euro. Tipp: Rechtzeitig vor Antritt des Istrien- Urlaubs eine Maske bestellen – Loredana spricht recht gut Deutsch – und später persönlich abholen. Ein Besuch in Vabriga (nach Anmeldung) lohnt sich allerdings nicht allein wegen der Masken. Im Kostraum des Hauses von Familie Musizza findet man nämlich auch Olivenöle in Spitzenqualität. Lo- redana kultiviert dafür 500 Bäume rund um den Ort Tar – einer Region, die bereits bei den Römern als be- sonders guter Boden für Istriens grünes Gold galt. Ehrenamtliche Präsidentin von Kroatiens Oliven- ölproduzentinnen ist die aktive Dame schließlich auch noch. Und so außergewöhnlich die Symbiose aus Masken- und Olivenölproduktion auch sein mag: Beides ist ein Beitrag zur Erhaltung wertvollen Kul- turguts. Jeden Tag von 11 bis 12 und von 18 bis 19 Uhr wird der Kostraum in ihrem Elternhaus »Villa di Lorenzo« persönlich von ihr betreut. Hollywoodstars tragen ihre venezianischen Masken, und ihre Olivenöle zählen zu den besten der Welt. Im kleinen Örtchen Vabriga bei Poreč produziert Loredana Musizza beides. In Handarbeit und mit viel Liebe zur Tradition. KONTAKT: Lorymasks, Loredana Musizza: Istarske Kontrade 77, Vabriga, 52465 Tar, +385 98 334 158 , villalorenzo77@gmail.com Gipsform mit blauem Wollpapier ausgelegt. // Die Produktion ist reine Handarbeit. // Gold und Perlen verzieren den Joker. // Die Veredelungstech- nik der Katzenmaske »Gnaga« nennt sich Kraklé. // Masken sind auch eine beliebte Wanddekoration, hier mit einer Flasche von Loredanas Olivenöl (von oben nach unten). Loredana Musizza mit ihrer Mitarbeiterin Katerina, versteckt hinter der Federmaske »Can Can«. FOTOS: Karin Hauenstein (7),Warner Home Video, DVD & Blu-ray im Fachhandel erhältlich (1) TEXT: KARIN HAUENSTEIN-SCHNURRER

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