Istrien Magazin 2025

35 E geschichte ist als Multimedia-Schau im Aquarium zu erleben. Doch nicht nur für Schildkröten wird gesorgt, auch ein Programm zur »Wiederaufforstung« der Großen Steckmuschel, Pinna Nobilis, ist am Laufen, Mikrobiologen züchten Futter-Plankton, ein Quallenlabor gibt es auch. An diesem Projekt arbeitet Milenas Tochter Klara, und sie bricht eine Lanze für die meist verkannten Geschöpfe: „Quallen zählen zu den besten Kohlenstoff-Bindern, ähnlich wie Miesmuscheln, aber die sind halt nicht mobil.“ Es ist eine wundersame, faszinierende Welt, voller Farben und Formen. Und wer hier durch die Fauna und Flora der Unterwasserwelt flaniert, erlebt Begeisterung und Respekt. Maritime Spuren der Monarchie Doch auch die Historie der Anlage wird gewürdigt. Bruno Dobrić ist der Präsident der Vereinigung »Viribus Unitis« in Pula, benannt nach dem wohl berühmtesten Kriegsschiff der K.-u.-k.-Marine und gleichzeitig auch der Leitspruch von Kaiser Franz Josef (übersetzt »Mit vereinten Kräften«). Er leitet das Marinemuseum »Gallerion« [5], initiiert von dem Journalisten Sergio Gobbo, der es einige Jahre lang in Novigrad führte. Nun hat die umfangreiche Sammlung des passionierten Schifffahrtsexperten ein geräumigeres Zuhause gefunden – der Großteil davon stilvoll in der Kanonenbatterie »San Giovanni«, nur wenige Schritte vom Fort entfernt. Dort erzählen acht Themenbereiche mit Schiffsmodellen, Dokumenten und Fotos vom Schiffsbau in Pula, dem wichtigsten Kriegshafen der Habsburger, der legendären Seeschlacht von Lissa, von Seereisen und dem tragischen Untergang der »Baron Gautsch«, von Expeditionen und dem Leben an Bord in längst vergangenen Zeiten. Ein Besuch ist wie ein kurzweiliger Tauchgang in die Tiefen einer Zeit, »als das Meer noch bei Österreich war«. Als Erinnerung gibt es im angeschlossenen Shop ein 3-D-Modell der »Baron Gautsch« sowie Bücher über Pula und die vielen Wracks am Grund der Adria. Ein romantischer Weg führt zwischen hochstämmigen Pinien zu einem nahezu unscheinbaren Steintor in der Mauer. Alles Absicht, schließlich gilt das Fort Verudela [1] in Pula als eine der besterhaltenen Wehranlagen aus der Habsburgerzeit. Wo einst K.-u.-k.-Marinesoldaten saßen, sind jetzt rund 250 Tierarten aus dem Mittelmeer und anderen Ozeanen untergebracht, ein ganz besonderes Museum sowie eine Rettungsstation für Meeresschildkröten und andere Adriabewohner [2]. Beschützt und bewahrt wird heute anstelle des Imperiums allerdings die Meeresfauna. Im Aquarium mit zahlreichen Wasserbecken und Vivarien sind Spezies aus der Adria und den Ozeanen zu bestaunen, ebenso einige Bewohner kroatischer Flüsse und Seen. Warum Direktorin Milena Mičić [3] ihr Projekt ausgerechnet in Pula realisiert hat, erklärt die Meeresbiologin so: „Alles hat in dieser Stadt begonnen: Hier war der Standort des Hydrografischen Amts und aller meeresbezogenen Wissenschaften.“ Gegründet im Jahr 2000, wurde das einzige Aquarium Istriens und das größte Kroatiens nun mit EU-Hilfe ausgebaut. Denn hier werden nicht einfach nur Fische und andere Meeresbewohner gezeigt. Eine Ambulanz für Schildkröten Tamara Sović geht zu einem mannshohen, blauen Bottich und lugt hinein. Hier erholt sich Čiko, die Meeresschildkröte, von einer Kopfverletzung, die sie am Tauchen hinderte – fatal für die Nahrungssuche. Kuriert wird nicht zuletzt mit Manuka-Honig. „Soweit wie möglich vermeiden wir Antibiotika“, sagt die junge Meeresbiologin und zeigt stolz die neuen Geräte in der Schildkrötenambulanz: Röntgen-Apparate, die etwa verschluckte Angelhaken zeigen, und ein OP-Raum mit Anästhesie, Ultraschall und Videosonde. „In 24 Jahren wurden hier 200 Schildkröten gerettet oder zumindest behandelt.“ Einmal im Jahr werden die gesundeten Tiere ausgewildert [4]. Die Erfolgs- BUNTE FISCHE & ALTE SCHIFFE VERSTECKT AUF EINEM GRÜNEN HÜGEL BEI PULA IST DIE FESTUNG VERUDELA PER SE SCHON BEEINDRUCKEND. GLEICHZEITIG BEHEIMATET SIE ISTRIENS GRÖSSTES AQUARIUM, IN DEM MEERESBIOLOGEN AN DER ZUKUNFT DES MARITIMEN LEBENS ARBEITEN, UND EIN MUSEUM, DAS AN DIE GLANZZEIT VON SCHIFFBAU UND MARINE ERINNERT. TEXT: Barbara Hutter, FOTOS: Johannes Kernmayer Sergio Gobbo ist der Initiator des K.-u.-k.-Marinemuseums »Gallerion« mit unzähligen detailgetreu nachgebauten Schiffsminiaturen (u. a.). Meeresschildkröten können bis zu 1,5 m groß werden und wiegen ausgewachsen zwischen 180 und 300 kg.

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