Wachau Magazin 2018

WA C H A U M A G A Z I N 2 0 18 | 1 3 W E LT K U LT U R E R B E Es nistet sich schleichend ein, wird stärker, ebbt nicht mehr ab. Wie eine besonders hartnäckige Erkältung. In den letzten Jahren erwischt es mich immer häufiger. Symptome: Tagträume und Klischees im Kopf. Postkartenidylle. Weinglückseligkeit. Herzensgastlichkeit. Marillenknödel. Klare Diagnose: zu langer Wachau-Entzug. Text: Hans Schloemer abei ist es doch bloß eine Landschaft. Gerade mal 33 Kilometer Donautal. Aber welch eine Szenerie... Auf mich wirkt diese Wachau wie eine Dusche mit Glückshormonen. Sie spendet ermatteten Laptop- Augen Erfrischung, erheitert ungemein das Gemüt, nährt Leib und Seele aufs Allerentzückendste. Perfekt bei Groß- stadtmüdigkeit, Liebeskummer, schlechten Ernährungsge- wohnheiten und jeglicher Überdosis von Coolness und Hipstertum. DER WACHAU-EFFEKT Auf Neudeutsch: Die Wachau ist down to earth. Boden- ständig könnte man natürlich auch sagen. Klingt aber ir- gendwie langweilig. Und dann ist da noch die Sache mit DIE SACHE MIT DEM GASTLICHKEITS-GEN dem Phantasie-Kick. Schaue ich auf das Benediktinerklos- ter Göttweig, frage ich mich stets, wann dieses unglaub- liche Barock-Raumschiff da oben auf seiner Bergkuppe denn nun endlich in den Himmel abhebt. So geerdet diese bezaubernde Region auch ist, gleichermaßen beflügelt sie Emotionen und Gedanken. Wenn dieser Wachau-Effekt bei einem Besucher funktio- niert, der über 1.000 Kilometer entfernt wohnt, was passiert dann mit denen, die in diesem gesegneten Flusstal ihre Heimat haben? Wo alles komprimiert ist, historische und kulturelle Schätze eines Weltkulturerbes, hochprämierte Winzer, urige Heurige und Gourmettempel. Ich habe mal nachgefragt. Bei Menschen, die auf ihre ganz eigene Art die Wachau prägen. D Foto: Arsen Miletic Wen wundert’s, dass die Wachau so viele glühende Verehrer hat: Farbenrausch am Abendhimmel über der Donau bei Dürnstein.

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