Wachau Magazin 2018
1 4 | WA C H A U M A G A Z I N 2 0 18 W E LT K U LT U R E R B E HINTER DEM ENGELSTOR Gleich der erste Weg führt mich armen Sünder durch ein prächtiges Engelstor. Wie sich das bei solchen Toren ge- hört, wartet dahinter etwas Himmlisches. Pralles, sinnen- trunkenes Barock von 1696. Holzapfels Prandtauerhof in Joching ist ein verwunschener Lesehof mit Arkaden, Palmen und üppigen Blumen-Arrangements. Was nicht so recht passt sind die beiden etwas nervös wirkenden jungen Männer. Einer ist schon ganz rot im Gesicht, weil er permanent Luftballons aufbläst. Ich frage, ob alles in Ordnung sei, und der mit dem roten Gesicht berichtet atemlos von einer Hochzeit. Er sei Trauzeuge und sein Kumpel der Bräutigam. Gefeiert würde nach der Trauung im Weingarten der Holzapfels, darum die Ballons. GEGEN HOCHZEITSFIEBER Bei der Flasche Veltliner, die Karl Holzapfel zur Beruhigung der Nerven serviert, greifen die Jungs dankbar zu. Der Patron kennt sich aus mit Medizin bei Hochzeitsfieber, im Prandtauerhof werden oft Ehen zelebriert. Barbara und Karl Holzapfel führen ihr Haus als offenes Weingut mit Restau- rant und Gästezimmern, mit viel Herz und Humor. Ihre Marillenbrände sind legendär, und ihre Weine gehören zur Spitzenklasse Österreichs. Könnte man sich denn vorstel- len, woanders Wein anzubauen? Karl Holzapfel denkt kurz nach. Na ja, in der Toskana. Oder Neuseeland. Oder doch nicht. »Waren Sie schon mal auf der Fronleichnamsprozes- sion in Wösendorf?« fragt er, »wunderschön, eine andere Welt.« Vielleicht werden ja später die beiden Buben den Prandtauerhof übernehmen. Ich merke mir: Tradition und Familie, ganz wichtig in der Wachau. »Wenn ich morgens die Augen aufschlage und aus dem Fenster sehe, danke ich dem lieben Gott, dass er mich da hingesetzt hat.« Jutta Altmann PILGERZIEL TOPFENHALUSCHKA Nur ein paar Schritte die Straße hoch, und ich kehre »beim Jamek« ein. Da klingelt es in den Ohren der Weinkenner. Josef Jamek, 2011 verstorben, gilt als der Doyen des Wein- baus in der Wachau. Heute führt seine Tochter Jutta mit ihrem Sohn Johannes Altmann den Traditionsbetrieb. Auch hier bilden Weinbau und Spitzengastronomie eine harmo- nische Einheit. Jamek-Weine werden zum Wiener Opernball gereicht. Und die Wiener pilgern nach Joching, um federleichte Hecht- nockerln und Topfenhaluschka zu schmausen. Schade, dass der Begriff »gutbürgerlich« aus der Mode gekommen ist. Zum Jamek würde er passen, im besten Sinn. Hinter all der Gastlichkeit steckt selbstredend jede Menge Engagement. Wo bleibt da noch Zeit für die schöne Gegend? Zweimal Einkehr in Joching mit himmlischer Küche und herausragenden Weinen. Zum Jamek (im Bild der neue Wintergarten) pilgern auch gern Feinschmecker aus Wien. Ebenso unwiderstehlich: Das Weingut Holzapfel im Prand- tauerhof mit seinem barock-mediterranen Ambiente. Foto: Frank Heuer Foto: Martin Hesz
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