Wachau Magazin 2020
WA C H A U M A G A Z I N 2 0 2 0 | 67 W E I N - D E S I G N ie landschaftliche Schönheit der Wachau verpflichtet auch: Viele Weingüter sind mit der Zeit gewachsen, müssen neue Betriebsgebäude errichten, um Platz zu schaffen für die Verarbeitung und Lagerung grö- ßerer Weinmengen. Neben den technischen An- forderungen steht dabei auch die Überlegung im Mittelpunkt, wie man Architektur, Landschaft und Ortsgegebenheiten möglichst stimmig ver- einen kann. Grundsätzlich gibt es dazu zwei Ansätze: diese Ästhetik mit modernen Stilele- menten zu erzielen oder, wie die nachfolgenden Beispiele, einen traditionelleren Weg zu gehen. TRADITIONEN MIT BEDACHT ANPASSEN Der neu gebaute Weinbetrieb von Hanna und Mathias Hirtzberger in Wösendorf wurde im Frühjahr 2019 eingeweiht und lehnt sich optisch an die historische Bauweise der Region an. Fa- milie Hirtzberger erwarb vor ein paar Jahren zeitgleich mit dem ehemaligen Florianihof einige der besten Lagen von Wösendorf. Zu Beginn wurde noch im Keller des elterlichen Betriebs gearbeitet. Es sei aber von Anfang an klar gewe- sen, dass das nur eine Übergangslösung sein könne. Ein Neubau sollte Keller, Büro und Ver- kostungsraum der Weinhofmeisterei vereinen. Zuerst liebäugelten sie mit moderner Architek- tur, schwenkten dann aber wieder um: »Wir haben eine Ausschreibung gemacht, aber so wirklich hat uns keines der eingereichten Pro- jekte überzeugt«, erinnert sich Hanna. Das Grundstück steht relativ exponiert am Rande des Ortskerns – eine zeitgemäße Archi- tektur hätte da schon herausgestochen, stimmt ihr Mathias Hirtzberger zu: »Außerdem finden wir die traditionelle Wachauer Bauweise sehr schön!«. Mit dem Architektenduo Lukas Gobel und Maximilian Eisenböck habe man die richti- gen Partner gefunden. »Wir wollten einen mög- lichst harmonischen Mix aus Alt und Neu schaf- fen, historische Formen modern adaptieren«. Freilich spielt der Weinkeller im Inneren alle Stü- cke zeitgemäßer Kellertechnologie, um die Ab- läufe der Vinifikation zu vereinfachen und eine zügige und schonende Verarbeitung des Lese- guts zu gewährleisten. Von außen fügt sich der Neubau harmonisch in das Ortsbild ein. Das passe auch zu ihrer Weinstilistik, glauben die beiden – trotz aller Technik stehe die hand- werkliche Tradition des Weinmachens im Vorder- grund. In kürzester Zeit konnte sich die Weinhofmeisterei mit erstklassigen Gewächsen und einer eigenständigen Handschrift etablie- ren. »Mit dem neuen Weinkeller fällt das noch leichter«, sagt Mathias Hirtzberger und lächelt zufrieden. KEINE FREUNDE MODERNER ARCHITEKTUR Für Heinz und Adrienne Sigl aus Rossatz war von Beginn an klar, dass der Bau ihres neuen Wein- guts in die Region passen muss. »Wir sind beide keine großen Freunde von moderner Architek- tur«, sagt Adrienne Sigl. »Karge Klötze« in der Landschaft empfinden beide als Störfaktoren. Daher haben sie einen Stil gewählt, wie er in der Wachau seit Jahrhunderten üblich ist. Geplant und ausgeführt hätten sie das neue Weingut al- leine, nur ein Onkel, der im Bauwesen kundig ist, unterstützte sie bei der Planung und Ausführung. Architekten würden kommen, ein Haus bauen lassen und wieder wegfahren, sie müssten hin- gegen dort wohnen. Da das Winzerpaar genau wusste, was es wollte, ging der Neubau dann auch ohne gröbere Komplikationen und rasch über die Bühne. Und das Ergebnis haben sie noch keinen Tag bereut, freut sich das Winzer- paar über das rundum gelungene Projekt. Beim Weinmachen experimentiere er mehr als beim Bauen, glaubt Heinz Sigl: »Weine kann man jedes Jahr neu produzieren – ein Haus baut man im besten Fall nur einmal.« Er bewirtschaftet seine Terrassenweingärten auf der rechten Do- nauseite und ist inzwischen bekannt für einen eleganten und präzisen Weinstil ohne Firlefanz. Bei der Architektur durfte es hingegen ein wenig verspielter sein – einzelne Bauelemente wie Stu- ckaturen oder Gewölbevorsprünge lockern die Grundfassade auf. Aber letztlich eint Form und Inhalt die Idee zeitloser Klassik. D RCHITEKTUR IM EINKLANG Innovativ oder bodenständig verwurzelt? Das ist die Frage, die sich beim Neu- oder Umbau von Wachauer Weingütern stellt. Nach den modernen Designbeispielen der letzten Ausgabe stellen wir nun Winzer vor, die sich für traditionell geprägte Architektur entschieden haben. Text: Christina Fieber; Fotos: Günter Standl A WEINHOFMEISTEREI HIRTZBERGER Mathias Hirtzberger avancierte in den letzten Jahren zum Shootingstar der heimischen Weinszene. Für den perfekten Rahmen sorgt seit Kurzem der schmucke Weinbetrieb in Wösendorf. WEINGUT SIGL GV Smaragd Himmelreich 2018 Tolle gelbe Früchte, sehr saftig und reichhaltig, Exotik-Mango, Papaya, cremige Fülle, weißer Pfeffer, Hauch Karamell, perfekte Balance. WEINHOFMEISTEREI HIRTZBERGER GV Smaragd Ried Kollmütz 2015 Saftig, mit guter Komplexi- tät, reifer, gelber Frucht, salzig-mineralischem Kern, guter Länge und Reifepotenzial. Vielschich- tiger Speisenbegleiter.
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy NzA5MzY2