Wachau Magazin 2020

N A C H T S C H WÄ R M E R er hätte das gedacht? Eine historische Weinstadt, malerisch bis ins kleinste Detail, und zugleich voll Leben. Natürlich, »Wien ist Wien«, sind sich unsere beiden »Guides« einig: Krems ist eine zauberhafte Stadt, das ist unbestritten. Dank zahlloser Kulturangebote und vieler Unis und FHs, die sich hier in den letzten Jahren angesiedelt haben, verfügt sie aber auch über eine äußerst vielfältige Szene. Das zumindest behaupten unsere Führerinnen für eine Nacht. Marie Jäger (20) aus Weißenkirchen studiert an der Wiener WU Sozioöko- nomie und will in die Forschung. Charlotte Wieser (21) aus Wösendorf hat sich auf Englisch festgelegt, überlegt aber, nach dem Bachelor eine Kon- ditorlehre anzufangen. »Ich will etwas Handfestes lernen«, sagt sie lä- chelnd. Beide leben in Wien und genießen, wenn sie übers Wochenende zuhause sind, das Kremser Nachtleben »in vollen Zügen, aber wohldo- siert«. Denn, »wenn man mit den richtigen Leuten unterwegs ist, hat man hier immer eine schöne Zeit!« MEDITIEREN AN DER DONAU Wir treffen die beiden im Wellenspiel, wo die großen Donauschiffe an- und ablegen. Eine tolle Café- und Restaurant-Location direkt am Wasser zum Sehen und Gesehen-Werden. Den Schiffen bei einer der köstlichen Torten oder einem Drink zuzuschauen hat etwas geradezu Meditatives. Zusätz- lich vertreibt eine wohltuend kühle Brise die Hitze des Tages und die freu- dige Erregung der Leute schwappt langsam auf uns über, und so wechseln wir zum Steiner Tor, um unseren abendlichen Ausflug zu beginnen. VOM STEINER TOR INS SZENE-LEBEN Von hier sind viele Cafés, Bars und Discos fußläufig zu erreichen. Erste Anlaufstelle ist das Stadt-Café Ulrich, von den Einheimischen liebevoll nur »Ulrich« genannt. »Jeder, ob nun Anfang zwanzig oder älteren Semesters, hat seine ganz persönlichen Erinnerungen an dieses Café«, erzählt uns Charlotte. Schon die Generation ihrer Eltern sei hier »abgehangen«. »Das Ulrich ist wirklich für alle da«, fasst es Marie zusammen. Tatsächlich tref- fen hier Touristen auf Studenten, Nachtschwärmer auf Kaffeetrinker und Zeitungsleser. »Und auch die Schüler chillen entweder hier oder im Park«, weiß Marie. Günstig und gut ist das Ulrich, und die auffallend persön- liche Atmosphäre trägt ebenfalls dazu bei, dass man irgendwie sofort ent- spannt ist. Während die Schatten langsam länger werden und die letzten Sonnen- strahlen das Steiner Tor streicheln, lassen wir plaudernd die angenehme Stimmung des Platzes auf uns wirken. Wäre da nicht die volksmusikalische Beschallung vom Hofbräu ein paar Häuser weiter, man könnte meinen, man säße an einer mediterranen Piazza. Ja, hier merkt man es ganz deut- lich: Die Wachau trägt etwas Südländisches in sich. W Text: Markus Deisenberger; Fotos: Bryan Reinhart Perfekte Führerinnen für das Kremser Nachtleben: Charlotte Wieser und Marie Jäger. Wenn sie nicht gerade in Wien studieren, trifft man sie beim Helfen in einem der elterlichen Spezialitäten-Shops bzw. im Weingut oder eben in den angesagten Szenelokalen von Krems. Eine Kremser Gastro-Institution: das Stadt-Café Ulrich am Steiner Tor, tagsüber Eingang zu feinen Shopping-Adressen und abends zu einer vielfältigen, pfiffigen Lokal-Szene. Was für eine Kombination: Mehr als 1.000 Jahre Geschichte trifft auf lebhaften Esprit einer Studentenstadt. Höchste Zeit, mit zwei jungen Wachauerinnen auf nächtliche Entdeckungstour zu gehen. Krems COOLER GEIST IN ALTEN MAUERN WA C H A U M A G A Z I N 2 0 2 0 | 87

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