Wachau Magazin 2020

WA C H A U M A G A Z I N 2 0 2 0 | 99 98 | WA C H A U M A G A Z I N 2 0 2 0 N A H A U F N A H M E Frau, die sich auszieht. »Das Höschen hat sie anbehalten«, berichtete er später, »weil ich nicht wusste, wie es darun- ter aussieht.« Seine ersten Veröffentlichungen hatte er aus- gerechnet in der »Niederösterreichischen Kirchenzeitung«. Dort hatte ganz sicher niemand eine Erleuchtung, welche speziellen klerikalen Themen dieser aufgeweckte Bub spä- ter einmal aufgreifen sollte. Ein Studium an der Akademie der Bildenden Künste brach Deix 1975 ab, da war er aber bereits als Karikaturist erfolg- reich. Er veröffentlichte in den Magazinen Profil, Trend und Economy, es folgten Titelblätter und Zeichnungen für Stern, Spiegel, Pardon und Titanic. Zwischen 1992 und 2015 er- schien im Nachrichtenmagazin News jede Woche ein Deix- Cartoon, wobei er kein skandalträchtiges Sujet ausließ. Von den Honoraren besuchte der glühende Beach Boys-Fan oft die USA. 1984 heiratete er seine Jugendliebe Marietta in Las Vegas. 1995 erschien seine CD »Musik aus Ameriga« mit Cover-Versionen der Beach Boys imWiener Dialekt. Und alles staunte, dass der streitbare Karikaturist auch passabel singen konnte. Good Vibrations dann beim Wiener Donau- inselfest 1999: Da stand er tatsächlich mit den legendären Beach Boys auf der Bühne und machte Gute-Laune-Pop. Volksnähe, die war ihm in die Wiege gelegt. Von Kindes- beinen an konnte Deix in der Gastwirtschaft seiner Eltern im kleinen Böheimkirchen seine Landsleute genauestens studieren. Deftige Szenen aus der Provinz, allzu mensch- liches in Verhalten und Erscheinungsbild. So prägte sich ihm früh ein »liebevoller Blick auf die Österreicher« ein, wie er es nannte. Wobei er sich selbst als Gegenstand der Iro- nisierung keinesfalls aussparte. Korpulente Gestalten, feiste Gesichter, pickelige Jugendliche – der Begriff »Deixfigur« hatte es sogar in den Duden geschafft, als »ins Lächerliche verzerrte Darstellung eines Menschen«. Seine Aufgabe sei es eben, »etwas Schönheit unters Volk zu streuen« – noch so eine süffisante Deix-Aussage. Man kann sich lebhaft vorstellen, wie all die Kritiker, die seine Provokationen als geschmacklos und unappetitlich emp- fanden, solche Sätze aufgenommen haben. Nicht jeder hat eben eine so hohe Toleranzschwelle wie die Literatur- nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek, selbst Gegenstand sei- ner Karikaturen: »Hilfe! Seit Manfred Deix tot ist, wissen wir nicht mehr, wie wir aussehen! Früher konnten wir seine Zeichnungen anschauen, und das hat uns den Blick in den Spiegel erspart.« Im Grunde liebte Deix die österreichische Seele. Indem er die Menschen so darstellte, wie er sie sah, höchst unvoll- kommen, mit jeder Menge Makeln und Schönheitsfehlern, setzte er ihnen auf seine Art ein Denkmal: »Ich zeige die Leute so wie sie sind. Was ich mache, ist eine Art von Fotorealismus.« Seine Freund Helnwein kann das nur un- terstreichen: »Es war Deix, der uns zu der bedeutenden philosophischen Erkenntnis verholfen hat, dass die Schöp- fung lächerlich und Gott der größte Humorist ist...« Rudi denkt an Elvis, 1992 © Karikaturmuseum Krems, Manfred Deix; Foto: Christoph Fuchs Michael Jackson Imitator © Landessammlungen Niederösterreich, Manfred Deix Zauber der Hochzeitsnacht © Landessammlung Niederösterreich, Manfred Deix Typisch Deix: Ein Gruß nach Enten- hausen – Donald Duck und seine drei Neffen sind in die Jahre gekommen und haben ordentlich Speck angesetzt. Daneben: Rudi denkt an Elvis, ein Aquarell von 1992. Ehen werden im Himmel geschlossen: Wie sich der Künstler den »Zauber der Hochzeits- nacht« vorstellt. Und immer wieder ein liebevoller Blick auf seine Landsleute wie bei »Michael Jackson-Imitator Karl K.« KARIKATURMUSEUM KREMS Museumsplatz 3, 3500 Krems an der Donau T. +43 (0)2732 / 90 80 10 office@kunstmeile.at , www.karikaturmuseum.at ÖFFNUNGSZEITEN: täglich 10–18 Uhr EINTRITTSPREISE: € 10,– für Erwachsene, ermäßigte Karten, u.a. für Familien, Singles mit Kind und Schüler. Führung: € 4,– DEIX-ARCHIV Hier können über 60 Karikaturen des Künstlers aus verschie- denen Themenbereichen bewundert werden, ergänzend gibt es ein digitales Archiv mit Zusatzinformationen. AB 16. FEBRUAR: „TU FELIX AUSTRIA“ mit Manfred Deix und viele anderen Karikaturisten. Weitere Ausstellungen siehe nächste Seite bzw. im Termin- kalender ab Seite 104. GOTT IST DER GRÖSSTE HUMORIST Foto: APA Fotoservice Juhasz Foto: Karikaturmuseum Krems FOREVER DEIX 300-seitiger »Jubelband« mit rund 250 Deix-Zeichnungen, Original-Fotos und Würdigungen von prominenten Weggefährten und Freunden. Erhältlich u.a. auch im Museumsshop Ueberreuter Verlag, ISBN 978-3-8000-7717-5, € 49,95 BUCH TIPP Donald Duck © Landessammlungen Niederösterreich, Manfred Deix

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