Wachau Magazin 2022

WA C H A U M A G A Z I N 2 0 2 2 | 21 Stein an der Donau ist heute die kleine Schwester von Krems. Das war nicht immer so, wie berühmte Bewohner und Besucher zeigen, auf deren Spuren sich nicht zuletzt die Köchel-Promenade begibt. Text: Barbara Hutter; Fotos: Frank Heuer Kunstvolle SPAZIERGÄNGE tein war im Mittelalter eigent- lich bedeutender als Krems.« Der das sagt ist natürlich ein echter Sohn der kleinen Stadt an der Donau. Und es ist nicht zu über- sehen, dass er ein bisserl stolz ist auf »sein« Stein, der Herr Musikus Severin Endelweber. Recht hat er damit so- wieso, denn Stein, heute mit der Schwesterstadt Krems verwachsen, war durch den regen Handel mit Salz, Eisen und vor allem Wein wohlhabend geworden. So stand das Steueraufkom- men der beiden Bürgerstädte im 13. und 14. Jahrhundert jenem von Wien nicht nach. DICKHÄUTER AN DER DONAU Severin Endelweber jedoch lässt Salz- stadl und Mauthaus leichten Herzens links liegen, denn als Bratschist und vor allem als ein Mastermind der hiesigen »Köchelgesellschaft« wandelt er lieber auf Tonspuren. Vor allem jenen der »Kö- chel-Promenade«. Die führen zur Fami- lie Mozart und zu jenem Mann, der durch das »Chronologisch-thematische Verzeichnis sämtlicher Tonwerke Wolf- gang Amadeus Mozarts« untrennbar mit ihnen verbunden ist: Ludwig Alois Friedrich Ritter von Köchel. An der Steiner Donaulände, auf Nummer 56, steht heute das imposante »Haus der Regionen« der Volkskultur Niederöster- reich, früher der Gasthof »Zum Ele- fanten«, dessen Name auf das Jahr 1552 zurückgeht, als Erzherzog Maximilian auf der Reise nach Wien einen Ele- fanten mitführte. Endelweber schmun- zelt: »Überall, wo der kaiserliche Tross mit dem exotischen Tier Halt gemacht hat, ist ein Gasthof zum Elefanten ent- standen.« EIN WUNDERKIND UND SEINE OMA Am 5. Oktober 1762 hatte Stein weitere prominente Übernachtungsgäste: die Mozarts. Wer dieser Spur folgen möch- te, muss sich allerdings vom Donau- blick losreißen und nach rechts über den sonnigen Rathausplatz zur Steiner Landstraße abbiegen. Auf Nummer 74 ist eine Gedenktafel an dem Bürger- haus aus dem 17. Jahrhundert mit einem spätgotischen Flacherker zu sehen. Und siehe da – hier wurde am 18. Dezember 1681 Eva Rosina Barbara Altmann geboren, die Großmutter müt- terlicherseits von Wolfgang Amadeus Mozart und Tochter des hiesigen Ge- richtsschreibers Dominicus Altmann. Heute ist hier im Erdgeschoß das Modeatelier von Martina Wagensonner zu finden – eine Prise Design in den historischen Mauern. LESEHÖFE UND KLOSTERWEIN Das Nachbarhaus auf Nummer 72 ent- puppt sich als ebenso sehenswert: der Kleine Passauerhof, pittoreske Filmlo- cation und imposantes Bürgerhaus aus dem 16. Jahrhundert mit Rundzinnen- bekrönung. Letztere ist heute ein deko- rativer Blickfang, doch die schmalen Schießscharten erzählen von turbulen- teren Zeiten. Womit wir bei den Lese- höfen der Klöster wären. Die sind eine fixe Größe in der Wachau, kein Wunder, waren es ja Mönche, die im Mittelalter die heute noch bestehenden Weinter- rassen angelegt haben. Salzburg hatte hier seine Rieden, Kremsmünster, Frei- sing und eben auch Passau. Der Große Passauerhof sticht nicht nur wegen seiner beeindruckenden Fassade des bereits 1263 erstmals erwähnten Re- naissancebaus ins Auge, sondern auch, weil die Köchels hier als Gutsverwalter tätig waren. Und eben hier, in der Stei- ner Landstraße 76, wurde am 14. Jän- ner 1800 als Sohn von Johann Georg Köchel und Maria Aloisia deren zweiter Sohn Ludwig geboren und verbrachte hier seine Kindheit. HERBERGSSUCHE IN STEIN Ein wenig beengt war die Dienstwoh- nung im Passauerhof aber doch, und so übersiedelte man 1810 etwa zwei Gehminuten von hier in den sogenann- ten »Freyhof«, ein hübsches, weiß ge- tünchtes Haus, in dem heute ein Win- zer seinen Sitz hat. Doch auch hier war kein Bleiben für die Köchels, und so wurde eine Wohnung im barocken Pa- lais Mazzetti am Schürerplatz 8 – wie- der zwei Gehminuten zurück – zur letzten Wohnstätte der Familie Köchel in Stein. Eine höchst repräsentative, stammt das Haus doch vom Reißbrett des berühmten Barockbaumeisters Jakob Prandtauer, der in der Wachau zahlreiche Spuren hinterlassen hat, darunter auch das Stift Melk. Nur die Aufschrift auf der Marmortafel links vom prunkvollen Eingang ist unrichtig. Hier wurde Köchel nicht geboren, das hat man allerdings erst 1999 heraus- gefunden. S »

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