Wachau Magazin 2022
WA C H A U M A G A Z I N 2 0 2 2 | 63 rachtvoll steht er da. Der Prandtauerhof. 1696 als Weinlesehof für das Augustiner-Chorher- renstift St. Pölten gestaltet, ist er Visitenkarte und Schmuckstück des Winzerdorfes Joching. Zudem erweist sich das historische Ensemble, des- sen Grundmauern mehr als 700 Jahre Geschichte tragen, als charmanter Mikrokosmos des Genusses. Zu verdanken ist dies einer Familie, die das Haus wie einen Schatz hütet. Im Lauf der letzten 50 Jahre erblühte das zwischendurch schon vom Verfall be- drohte Anwesen zu einer der beliebtesten Adressen. Zunächst dank der Elterngeneration und nun durch Karl und Barbara Holzapfel finden hier die kulinari- schen Spezialitäten der Region eine stimmige Bühne. Die finessenreichen Weine und die vielfach ausgezeichneten Brände des Hausherrn sind dabei stets die passende Untermalung. Diesem schönen Mosaik wurde nun das quasi fehlende Teilchen hin- zugefügt: Der letzte Gebäudeteil, der bislang noch in fremder Hand war. Herzlichen Glückwunsch zur gelungenen Wieder- vereinigung. Das ist wahrlich eine Sensation! Karl Holzapfel (K.H.): Vielen Dank. Für uns ist es ein riesiges Glück. Wir haben es am Anfang gar nicht richtig glauben können. Beim Aufwachen am Tag nach dem Notar habe ich meine Frau erst einmal fragen müssen, ob das alles wirklich wahr ist. Das legendäre Zitat von Willi Brandt darf man sich schon mal ausleihen, wenn ein mehr als 200 Jahre durch eine Mauer getrennter Weinlesehof wieder vereint wird. Für Barbara und Karl Holzapfel erfüllte sich jedenfalls ein Traum, das seit der Säkularisierung 1784 geteilte Meisterwerk des Jakob Prandtauer zusammenfügen zu können. Nach umfangreichen Renovierungen ergänzen Greißlerei und Degustationsräume als genussvolle neue Facetten Weingut, Brennerei und Gutsrestaurant. JETZT WÄCHST ZUSAMMEN, WAS ZUSAMMENGEHÖRT DER PRANDTAUERHOF VON FAMILIE HOLZAPFEL Text: Anja Hanke Am gleichen Tag, als Sie den Kaufvertrag unterzeichneten, stimmten die Briten für den Brexit. Eine interessante Fußnote ... K.H.: In der Tat. Die Medaille hat immer zwei Seiten. Während die Engländer etwas trennen, führen wir endlich etwas zusammen, was nie hätte getrennt werden dürfen. Barbara Holzapfel (B.H.): Dabei muss man aber sagen, dass es von unserer Seite ursprünglich nicht geplant war, den dritten Teil des Prandtauerhofes zu kaufen. Aber es wurde schließlich zu einem Herzenswunsch. Wie kam es dazu, dass Sie den besagten Teil des Gebäudes erwerben konnten? K.H.: Aus der Geschichte heraus wurde das Haus auf drei Familien aufgeteilt. Meine Eltern konnten 1967 den ersten und Ende der 1970er- Jahre den zweiten Teil kaufen. Der dritte Teil war an sich nie im Visier. Aber mit der Zeit ist uns bewusst geworden, dass vielleicht mal die Möglichkeit zum Zukauf bestehen könnte. Daher haben wir dem damaligen Besitzer gesagt: Wenn du irgendwann daran denken solltest zu verkaufen, sag es uns.« Das war 2012. Und 2015 war es dann so weit, dass er sich bei uns meldete. Auch ihm war es, glaube ich, ein Anliegen, dass der Prandtauerhof wieder zusammenwächst. « Foto: Johannes Kernmayer P Herzenssache: Bei der Qualität seiner vielfach aus- gezeichneten Veltliner und Rieslinge ist Karl Holzapfel kompromisslos. Wer mal was Neues aus- probieren möchte: Sein fruchtiger Pink Zweigelt Rosé. Nicht verpassen: Ein »Interview« mit dem Baumeister des Prandtauerhofes lesen Sie auf Seite 84.
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