Wachau Magazin 2022

WA C H A U M A G A Z I N 2 0 2 2 | 75 EINIGE KAPRIOLEN, WUNDERBARES FINALE Das Beste gleich vorweg: Weinliebhaber dürfen sich über einen tollen Wachauer Jahrgang 2021 freuen. Der Frühling kam in diesem Jahr sehr zaghaft, der Juli entpuppte sich als schöner Sommermonat ohne markante Hitzewellen. Für Niederschläge sorgten regionale Gewitter, von denen eines am 26. Juli die östliche Wachau heim- suchte und in den Weinbauorten Rossatz und Rührsdorf nach 2020 erneut massive Hagelschäden verursachte; Ausläufer erreichten in abgemildeter Form auch die Wein- gärten von Loiben und Dürnstein. Dies hatte leider wieder dramatische Mengeneinbußen in Rossatz und Rührsdorf sowie leichte Verluste, speziell beim Riesling in Loiben und Dürnstein, zur Folge. Im Spit- zer Raum machten sich die Hagelschäden des Vorjahrs bemerkbar, sodass der Ertrag um rund ein Drittel hinter den anderen Abschnitten der Wachau zurückblieb. Der August war dann ungewöhnlich niederschlagsreich und verlangsamte die Vegetation deutlich. Pünktlich mit 1. September schlug die Großwetterlage um und be- scherte einen prachtvollen Herbst. Auch die für die Aus- bildung der fruchtigen Aromen so wichtigen kühlen Herbstnächte setzten ab etwa Mitte September ein. Schädlingsbefall oder Botrytisbildung hatten unter diesen idealen Bedingungen keine Chance, und so konnte zum gewählten Erntetermin Traubengut in perfektem Gesund- heitszustand eingebracht werden. Signifikant sind für alle Teilbereiche über die hohe Trau- benreife hinaus auch die auffallend hohen Säurewerte, die gemeinsam mit der kristallklaren Fruchtausprägung für ungemein elegante wie rassige Kreszenzen sorgen. Spe- ziell die den Urgesteinslagen eigene, mineralisch anmu- tende Textur wird dieses Jahr wieder schmeckbar sein. Und diese luxuriösen Voraussetzungen treffen auf Grüne Veltliner und Rieslinge sowie die beliebten Komplementär- sorten in Gestalt von Muskateller, Neuburger, Weißburgun- der & Co. diesmal in gleicher Weise zu. Das für die jeweilige Rebsorten spezifische Aromenprofil ist entspre- chend deutlich ausgeprägt. Abgesehen von den lagenbedingten und mikroklimati- schen Unterschieden, die auch 2021 eine naturgemäß zu- nehmende Zuckerreife vom Spitzer Graben über Spitz, Wösendorf, Weißenkirchen und Dürnstein bis zur Loibener Scheibe bewirkten, haben alle Wachauer Weinbaufluren in ähnlicher Weise von diesen idealen Ausgangsbedingungen profitiert. Dr. Viktor Siegl zählt zu den renom- miertesten Weinautoren im deutsch- sprachigen Raum und schreibt unter an- derem regelmäßig für die Fach- zeitschrift VINARIA. Foto: www.extremfotos.com STEIN IST NICHT GLEICH STEIN Eine fachgerecht errichtete Wachauer Terrassenmauer setzt sich aus sechs Gesteinstypen zusammen: • Die Fundamentsteine, auf denen das gesamte Gewicht ruht. Sie müssen entsprechend groß und flach sein; • die Bausteine oder Läufer brauchen mindestens eine plane Seite; • die Füllsteine benötigt man für die Hohlräume im Inneren; • die Binder sind sehr lange Steine, die für die Verbindung zur Hinterfütterung und ins Erdreich sorgen; • die Decksteine als flache Platten für die Mauerkrone; • die Hintermauerungssteine, die dem Kraftverbund und der Entwässerung dienen. Grundsätzlich bestehen Trockensteinmauern nur aus aufeinandergeschichteten Steinen ohne Verbin- dungsmaterial. In der Wachau sind das in erster Linie Paragneise, Marmor und Gföhler Gneis. Kleinere Steine füllen die Lücken zwischen größeren aus und stabilisieren das Ganze. Auf die richtige Mischung kommt es an. Dadurch bleibt alles elastisch, und dank der Hohlräume und Fugen kann diese Natur- mauer Frost, Wasser und Druck viel besser und länger widerstehen als eine Betonmauer. WACHAUER MAUERKUNDE: Wenn ein Stein ein Gsicht hat, ist er ein besonders schönes Exemplar und für den Einsatz an der vorderen, sichtbaren Front geeignet. Ist eine Mauer wampert, ist bei der Renovierung Eile geboten, denn diese gefährlichen Ausbuchtungen kündigen meist das bevorstehende Ausbrechen an. Deshalb ist das beständige Auszwicken so wichtig, welche das Verkeilen der Stoß- und Lagerfugen beschreibt. JAHRGANG 2021

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