Wachau Magazin 2023

ekanntlich ist das Fruchtfleisch von Rotweintrauben komplett farblos. Farbe bekommt der Wein erst dann, wenn man ihn auf den Beerenschalen belässt. Je nachdem wie er darauf liegt, desto intensiver das Rot. Die meisten Roséweine werden also mit einer abgekürzten Rotweingärung erzeugt. Zudem bestimmt die Sorte die Intensität der Farbe. Das alles erklärt, warum sich Roséwein in Wahrheit nicht in einer einzigen, sondern in zahlreichen Schattierungen präsentiert – von intensivem Zuckerlrosa über Pink und Lachsrosa bis hin zur vielzitierten Zwiebelschalenfarbe. Natürlich könnte man auch Weiß- und Rotwein einfach mischen, um Rosé zu erhalten. Allerdings ist dieses Verfahren in der EU verboten. Mit einer nennenswerten Ausnahme: Dem Champagner. MEHR ALS NUR EIN NISCHENPRODUKT In der Wachau indessen spielt Rotwein nur die Nebenrolle. Hier dominieren die beiden großenWeißweinsorten Riesling und Grüner Veltliner. Was einige Winzerbetriebe nicht davon abhält, auch andere Wege zu gehen. Wie etwa die Domäne Wachau. »Rosé erzeugen wir bereits seit den 1960er-Jahren, weil wir überzeugt sind, dass eine Weißweinregion wie die unsere in Wahrheit auch die bessere Rosé-Region ist«, findet Heinz Frischengruber, Önologe und Kellermeister der Domäne, der für seinen Rosé 1805 Reserve Trauben der Sorte Pinot Noir mit einem kleinen Anteil Zweigelt verwendet. Letztgenannte, um etwas mehr Farbe und Körper zu erhalten. Zudem wird der Wein spontan in gebrauchten Holzfässern vergärt und danach in Barriques ausgebaut, um ihm zusätzlichen Charakter zu verleihen. Auch imWeingut Knoll, mit dem weltbekannten barocken Heiligenbild auf der Flasche, wird Rosé bereits seit vielen Jahren erzeugt. »Allein schon um ihn im Loibnerhof, dem Restaurant meines Onkels, als Essensbegleiter anzubieten«, erzählt Emmerich H. Knoll, dessen Familie sich um die 18 ha Weingärten des Gutes kümmert und von den 200 Mitgliedern der Qualitätswinzervereinigung Vinea Wachau zu deren Obmann gewählt wurde. Anders als Frischengruber von der Domäne Wachau ist Knolls Rosé ein reinsortiger Pinot Noir, der hier gerade einmal auf einem Viertel Hektar wächst. »Natürlich handelt es sich im Vergleich zu unseren sonstigen Weinen eher um ein Nischenprodukt«, erklärt der Weinmacher, »was aber nicht heißt, dass wir ihm weniger Aufmerksamkeit schenken. Ganz im Gegenteil.« Tatsächlich überzeugt der zwiebelschalenfärbige Blaue Burgunder Rosé Federspiel mit sortentypischen Kräuternoten und rauchigen Nuancen. Ein Rosé wie er sein soll, trinkfreudig, sauber, ohne Ecken und Kanten und mit ausreichend Abgang, der nach Tradition, Handwerk und Know-how schmeckt. Während Knoll sich auf einen einzigen Rosé beschränkt, werden in der prestigereichen Genossenschaft Domäne Wachau, die 250 Wachauer Winzerfamilien vereint, gleich vier Sorten Rosé gekeltert. Unter denen ist der erwähnte Rosé 1805 Reserve der eindeutige Star. »Die Jahreszahl bezieht sich auf die Schlacht, die 1805 zwischen österreichischen und französischen Truppen hier bei uns ausgefochten wurde«. Stimmig sei das auch deswegen, weil Frankreich als Rosé-Land schlechthin gelte und der Begriff selbst ja aus dem Französischen stamme. Und in der Tat überzeugt der 1805 nicht nur mit dichtem Tiefrosa, sondern auch mit geschmeidigem Mundgefühl und verhältnismäßig langem Abgang. Ein Wein, der jung als Aperitif getrunken werden kann, oder aber nach ein, zwei Jahren zum idealen Speisenbegleiter heranreift. Man denke etwa an Salami und Prosciutto, aber auch an Gegrilltes und asiatische Küche, empfiehlt Frischengruber. IMMER MEHR ROSÉ IM SPARKLING-TREND Auch kleinere Betriebe, wie etwa der Kartäuserhof von Karl Stierschneider, setzen auf Rosé. Den Winzer könnte man durchaus als Querdenker bezeichnen. Anstatt, wie in der Wachau weitgehend üblich, hauptsächlich auf die zwei hier dominanten Sorten Grüner Veltliner und Riesling zu setzen, beschäftigt er sich auch mit anderen, in diesem Gebiet weit weniger verbreiteten Sorten, die immerhin die Hälfte der Fläche seiner Weingärten einnehmen. Darunter Sauvignon Blanc, Chardonnay und Gelber Muskateller. Aber auch Zweigelt, den er zu einem stillen, sympathischen Einstiegs-Rosé sowie zu einem Rosé Brut Sekt ausbaut. B

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