WA C H A U M A G A Z I N 2 0 2 3 | 67 ie geht das wirklich, als Youngster gemeinsam ein Weingut zu führen, das längst eine Marke geworden ist, Theresa und Rudi Pichler jun.? Denn dass zwei Generationen auf dem Papier stehen, erklärt noch nicht, wie die Entscheidungen fallen. Frei heraus gefragt, also: Suchen Sie den Kompromiss oder setzt sich am Ende doch die längste Erfahrung, also der Vater durch? Theresa Pichler: Rudi und ich lernen mit jedem Jahr neue Herausforderungen kennen und somit auch mit diesen umzugehen und erweitern dadurch unsere Expertisen. Papa bindet Rudi und mich nicht nur in jeden Beschluss ein, wir sind auch immer live« dabei, diskutieren über die möglichen Alternativen und kommen dann zu einem gemeinsamen Entschluss. Natürlich ist hierbei – wie vorhin schon erwähnt – die jahrelange Erfahrung unseres Papas von großer Bedeutung. Vor allem die Kellertechnik hat sich arg verändert. Wie geht man damit um im Weingut Rudi Pichler? Rudi Pichler jun.: Unser Weingut stand und steht noch immer für Tradition, verbunden mit Moderne. Moderne aber nie im Sinne von trendorientiert«, sondern in Hinblick auf den aktuellen Stand der Technik in Zusammenhang mit Nachhaltigkeit. Dazu drei Beispiele: Wir pressen unsere Trauben mit einer der besten Pressen, die es derzeit auf dem Markt gibt. Auf der anderen Seite ist unsere Füllmaschine schon über 25 Jahre alt, funktioniert aber noch immer einwandfrei. Weiters treten wir unsere Trauben mit den Füßen ein, anstatt sie zu rebeln. Dies ist nicht nur Tradition, sondern hat vor allem auch die Funktion, noch schonender zu arbeiten. Frische und klare Weine sind charakteristisch für Ihr Weingut. Wie lässt sich diese Stilistik in Zeiten der Klimaerwärmung erhalten? Rudi Pichler: Durch die Klimaerwärmung mussten viele Arbeiten, vor allem im Weingarten, adaptiert werden, um unsere puristische Linie weiterführen zu können. Die Laubarbeit z. B. ist nun von noch größerer Bedeutung, da unsere Beeren der Sonne nicht direkt ausgesetzt werden dürfen, um zu viele Phenole im Wein zu verhindern. Aber bei der Ernte gibt es keine Kompromisse, wenn es um die Qualität der Trauben geht. So machen wir mittlerweile schon « « bis zu sieben Selektionen pro Weingarten, um den perfekten Zeitpunkt der physiologischen Reife bei jedem Rebstock zu sichern. Theresa Pichler: Jedes Jahr bringt wieder neue Herausforderungen für uns, die aber mit natürlichem Hausverstand, Gefühl für die Natur und zu guter Letzt mit langer Erfahrung sehr gut bewältigbar sind. Wie bringt man die Wachau als Traditionsweingebiet jungen Konsumenten nahe? Über Events, neue Weinstile, poppige Etiketten? Rudi Pichler: Wir als Vinea Wachau-Mitglied wollen ja unsere Weine durch die Eigenheiten der verschiedenen Böden, Alter der Stöcke, Exposition und Kleinklimata definieren. So bekommen die Wachauer Weine ihre spezielle Identität und das ist authentisch. Durch neue, moderne Weinstile würde dies, meiner Meinung nach, leider größtenteils verlorengehen. Theresa Pichler: Ich selbst zähle mich zu den jüngeren Konsumenten und beobachte natürlich die Vorlieben meiner Generation und auch der nachfolgenden. Meiner Meinung nach steht für uns Natürlichkeit und Authentizität des Produktes sehr im Vordergrund, und das stellen unsere Weine jedenfalls dar. Events für die Jugend könnte es mehr geben. Die Domäne Wachau hat hier schon einen ersten Schritt mit ihrem jährlichen Wine & Music«-Event getätigt und sowas zieht vor allem junge Leute an. Mehrere Veranstaltungen dieser Art würden sich durchaus anbieten. Frage an alle: Ihr Lieblingswein aus dem Pichler-Keller? Rudi Pichler: Wir sind uns bei dieser Frage immer einig: jeder Wein spiegelt seine eigene Identität wider und ist daher auch nicht mit dem anderen vergleichbar. Zudem entwickeln sich unsere Weine auch unterschiedlich, je nach Lage, Sorte und Jahrgang. An manchen Tagen möchte ich mir lieber ein Glas Grünen Veltliner Kollmütz Smaragd einschenken, weil ich gerade Lust auf die Mineralität dieses Weines habe. An einem anderen Tag will ich unbedingt eine Flasche Riesling Hochrain aufmachen, da dieser am besten zu meinem Abendessen passt. Rudi Pichler jun.: Jedenfalls können wir sagen, dass wir am liebsten gereifte Weine aus unserer Privatvinothek öffnen, da das Trinkvergnügen im gereiften Zustand noch einmal größer ist! « W Interview
RkJQdWJsaXNoZXIy NzA5MzY2