WACHAU MAGAZIN 2025 | 13 der Riede Kirnberg, einem der sonnenreichsten Flecken der Wachau, hat das rechte Ufer ein echtes LagenJuwel, das Winzer wie Sigl oder Joe Fischer, einer aus der jungen, kreativen Winzergarde des Südufers, für die Produktion von Spitzenweinen nützen. Das Ufer für den ruhigen Genuss Rossatz-Arnsdorf, die größte Marillen-Gemeinde der Wachau, machte sich in den vergangenen zehn Jahren also auch im Weinbau einen zunehmend bedeutenderen Namen und ist dabei noch längst nicht an einem Endpunkt angelangt. Winzer Fritz Hutter freut sich aber über sein Metier hinaus über eine Neubewertung »seiner« Donauseite, die eine Weile lang als Wachauer Mauerblümchen zwischen Melk und Mautern galt, während sich drüben, zwischen Dürnstein und Spitz, die Verehrer dieses prächtigen Donautals gegenseitig auf die Zehen stiegen: »Von Melk sind früher automatisch alle ans linke Ufer gefahren, das ist heute nicht mehr so. Vor allem die Radfahrer sagen, dass sie gar nicht wussten, wie schön es auch auf unserer Seite ist.« Das rechte Donauufer hat sich wohl etwas von dem erhalten, was die Schriftstellerin und Kulturhistorikerin Hermine Cloeter vor mehr als 100 Jahren über die gesamte Wachau geschrieben hatte: »Es ist eine Gegend, die aus sich selbst besteht, die uns noch nicht unbedingt braucht, und wo wir darum nur umso lieber zu Gast sind.« Hier kann es Radfahrern oder Wanderern bei ihren Touren ins naturbelassene Hinterland noch passieren, dass sie mutterseelenallein mit Wald und Flur sind. Es ist die Seite der Wachau, in der der ruhige Genuss im Vordergrund steht, das Eintauchen in die Natur mit allen Sinnen. Und es ist die Seite für Zeitreisen, denn zwischen den beiden Benediktinerstiften Melk und Göttweig, die wie zwei mächtige Pförtner das Südufer der Wachau begrenzen und für sich schon imposante Zeitzeugen vergangener Tage sind, lässt es sich trefflich auf den Spuren der Jahrhunderte flanieren. Kastellmauern und Klein-Bethlehem Es ist eine Zeitreise, die in Mautern 2000 Jahre in die Vergangenheit führt, als die Römer mit dem Kastell Favianis den Grundstein der späteren Stadt an der Donau legten. Von den Mauern dieses römischen Kastells sind noch große Teile der Westseite erhalten, und im Nikolaihof lässt sich römische Geschichte zum Anfassen sogar mit einer Weinverkostung kombinieren, erzählt Hausherrin Christine Saahs: »Wir wohnen praktisch in den Kastellmauern von Favianis. In unses ist ein Bonmot mit bitterem Beigeschmack, das bis heute die Runde macht: »Das Schönste am rechten Donauufer der Wachau ist der spektakuläre Ausblick auf die andere Seite.« Ein Spruch, mit dem die Menschen am Südufer, der vermeintlichen »Aussichtsseite« der Donau, aber ganz gut leben können. Ermöglicht ihnen diese leicht boshafte Einschätzung doch einerseits, innerhalb einer weltberühmten Region immer noch ein Leben als Geheimtipp zu führen. Und andererseits können die Entwicklungen, die sich am weniger populären Ufer in allen möglichen Bereichen abspielen, genau so stattfinden, wie es für diese Seite typisch ist. In aller Ruhe. Zum Beispiel beim Weinbau. Die Namen, die den Wachauer Weinen zu Weltruhm verholfen haben – von Prager über Jamek bis Hirtzberger – sind allesamt mit dem linken Donauufer verbunden. Dabei kommen seit vielen Jahren exzellente Weine auch von der anderen Seite. So liegt das älteste Weingut Österreichs, der Nikolaihof in Mautern, wo vor 2000 Jahren schon die Römer gekeltert haben. Dieser Betrieb, in dem einmal im Jahr auch noch die größte Baumpresse der Welt zum Einsatz kommt, ist auch das einzige demeterzertifizierte Weingut in der Wachau und exportiert in 46 Länder. Lagenjuwel und Top-Winzer Seit dem Jahr 1748 familiengeführt ist der Silberbichlerhof, wo mittlerweile Fritz IV. Hutter vom gleichnamigen Vater das Szepter übernommen hat. Der Senior hat seinen Teil dazu beigetragen, dass sich die Weine der »falschen« Donauseite längst emanzipiert haben, und gibt als Tribut an die lange Weingeschichte Mauterns in seinem Sortiment auch dem Amphorenwein »Tribunus Favianis« Platz, einer Cuvée aus den Wachauer Hauptsorten Grüner Veltliner und Riesling: »Es hat sich viel getan in den vergangenen Jahren, und die Lagen auf der rechten Seite rücken langsam, aber verdient mehr ins Rampenlicht.« Eine Einschätzung, die vom Master of Wine Roman Horvath von der Domäne Wachau, geteilt wird: »Die rechte Seite hat ein großes Potenzial und Top-Winzer, wie Georg Frischengruber, Joe Fischer oder Heinz Sigl. Da passiert absolut was.« Heinz Sigl aus Rossatz sieht die Entwicklung auch mit Freude: »Unsere Seite hatte nie große Betriebe, und früher waren fast alle Domäne-Wachau-Lieferanten. Auch wir haben lange überwiegend unsere Trauben abgeliefert, aber ich habe das vor 30 Jahren umgedreht.« Auch in einer anderen Beziehung war Sigl Vorreiter, nämlich bei der Umstellung auf biologischen Weinbau: »Am Anfang hat man mich belächelt, aber inzwischen sind mehr als 50 Prozent Biobetriebe in Rossatz.« Und mit
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